Als zentraler Schwerpunkt der Verbandsarbeit finden die „Hanseatischen Sanierungstage“ seit 1989 statt. Alljährlich treffen sich Unternehmer, Bauleiter und Sachverständige aus dem Gebiet der Bauwerkserhaltung auf der dreitägigen Fachtagung. Während der Veranstaltung werden Fachvorträge über den aktuellen Wissensstand der Branche gehalten. Dabei werden praktisch erprobte Regeln der Technik präsentiert, die für die Altbausanierung relevant sind. In den vergangenen Jahren nahmen regelmäßig über 500 Teilnehmer und 70 Aussteller teil.
Voller Vorfreude hatte Prof. Axel C. Rahn die diesjährigen Hanseatischen Sanierungstage in Lübeck eröffnet. „Wir freuen uns auf zweieinhalb spannende Tage mit einem abwechslungsreichen Tagungsprogramm, mit der Verleihung des Nachwuchs-Innovationspreises und mit einem geselligen Abendprogramm.“ Beinahe schon traditionell freute sich der Vorstandsvorsitzende, nach dem gemeinsamen Eröffnungsrundgang das Mikrofon an die Bausenatorin der Hansestadt Lübeck, Joanna Hagen, überreichen zu können. Die Bausenatorin wiederum zeigte sich erfreut, dass auch die 34. Sanierungstage in Lübeck stattfinden, denn diese passten ihrer Meinung nach ideal nach Lübeck. „Der Charme der Altstadt, die Kongresshalle und das Randgebiet Lübecks bieten attraktive Reiseziele für den Tourismus. Dennoch täuscht dies nicht über den immensen Handlungsbedarf der Infrastruktur der Hansestadt hinweg. Lübeck ist eine Insel, wobei die Lebenszeit absehbar ist.“ Die Erreichbarkeit müsse mittel- und langfristig sichergestellt werden. „Auch die historische Bausubstanz muss gesichert werden, wir diskutieren über die Renaissance der Straßen und haben gleichzeitig einen hohen Instandhaltungsstau.“
Zurückzukommen auf die Fachveranstaltung und den Veranstaltungsort verdeutlichte die Politikerin, dass beides gut zusammenpasse, was durchaus fachlich gemeint sei. „Wir benötigen Ihre Fachexpertise, kreative Ideen und den Austausch. Den Nachwuchsfachkräften wird in Ihrem Rahmen eine hohe Aufmerksamkeit geschenkt und das spricht für die Güte der Veranstaltung. Auch meine Kollegen aus der Stadtverwaltung nutzen die Gelegenheit gerne für den fachlichen Austausch.“ Darüber hinaus mache die Fachexkursion zur Dombaustelle auf ein gesellschaftspolitisches Problem aufmerksam, auf den Erhalt der Kirche. „Finanziell wird die Kirchengemeinde enorm überfordert, doch es geht um nichts Geringeres als den Erhalt unserer Kultur.“ Joanna Hagen beendete ihre Ansprache mit der Hoffnung, sich auch 2025 in Lübeck wiederzusehen.
„Ohne die Aussteller funktioniert eine solche Veranstaltung nicht.“ Mit diesen Worten leitete BuFAS-Geschäftsführer Matthias Ruhnke die Vorstellung der Aussteller ein und verdeutlichte, dass fast alle Aussteller den Hanseatischen Sanierungstagen treu geblieben seien. „Wir können sogar zehn neue Aussteller begrüßen.“ Diese seien auch in der aktuellen Aussteller-Broschüre aufgeführt. Ein Novum anlässlich der Vorstellungsrunde: Hierzu waren alle Aussteller gebeten worden, einen Videoclip oder eine Präsentation einzureichen, „denn die Unternehmen kennen ihr Portfolio ja am besten und wissen, worauf es ankommt.“ Explizit erwähnt wurde das große Sponsoring der Zertifizierung Bau GmbH. Auch in diesem Jahr hatte das Unternehmen die Teilnahme der Studierenden und Azubis finanziert und die Nachfrage war gleichbleibend groß im Vergleich zum vergangenen Jahr geblieben. Im Anschluss an die Vorstellung der Aussteller startete das umfangreiche Tagungsprogramm.
Ein absolutes Novum anlässlich der Hanseatischen Sanierungstage: Wenngleich der Studenten- und Azubi-Workshop zuerst einmal hinter „verschlossenen Türen“ umgesetzt wurde, präsentierten Prof. Dr. Constanze Messal und Prof. Holger Stehr die Ergebnisse aus dem Workshop direkt zum Start in den Tagungsreigen.
Im Vorfeld hatte die Workshop-Leiterin den Teilnehmerinnen und Teilnehmern in ihrer bekannt humorvollen Art erklärt: „Heute seid Ihr dran, wir möchten, dass Ihr Euch Gedanken macht und in Gruppenarbeiten den Fortgang zum Urania- Quartier erörtert und diskutiert. Ihr habt die Möglichkeit der Weichenstellung. Müssen wir neu denken? Oder seht Ihr das vielleicht ganz anders? Eure Gedanken werden in der Fachtagung dem Publikum vorgestellt. Nutzt die Gelegenheit, den „alten Hasen“ klarzumachen, was Euch wichtig ist.“
Zum Tagungsauftakt stellten die Moderatoren dann die Ergebnisse vor: „Wir möchten berichten, was in dem Workshop stattgefunden hat. Unsere Idee und damit ein Novum war es, dass sich die Studenten und Azubis nicht berieseln lassen, sondern wir wollten einen Transfer ermöglichen. Denn nur so können wir mitbekommen, was mit unseren Studis passiert, welche Themen sie bewegen. Was wir als besonders wichtig erachten, heißt nicht, dass der Nachwuchs das auch so sieht.“ In Ihrer Einführung verdeutlichte die Workshop-Leiterin, dass die Studierenden, die aus Berlin, Potsdam, Münster, Lübeck oder Holzminden und Kiel angereist waren, in drei Gruppen aufgeteilt wurden und sich dem Thema „Nachhaltigkeit im Bauwesen – am Beispiel des Urania-Quartiers in Berlin“ annähern sollten. Drei Fragestellungen galt es dabei zu betrachten: Abriss der Gebäude und kompletter Neubau, als Moderator fungierte in dieser Gruppe Prof. Holger Stehr. Die zweite Fragestellung beschäftigte sich mit dem Erhalt des Gebäudes unter Federführung von Dr. Ernst J. Baumann und in der dritten Runde wurde der Einfluss auf das Quartier entsprechend den unterschiedlichen Vorgehensweisen erörtert, hier hatte sich Constanze Messal eingeklinkt.
Ist ein Abriss die nachhaltigere Variante? Mit dieser Fragestellung befasste sich die erste Gruppe und arbeitete dabei heraus, was Nachhaltigkeit im ökonomischen, ökologischen und sozialen Sinne bedeutet. Wie gestalten sich die Kosten, wie sieht es mit den Schadstoffen aus und wie ist die Wiederverwertung zur Ressourceneinsparung zu bewerten. Die zweite Gruppe wiederum war grundsätzlich von dem Erhalt des Gebäudes ausgegangen und beschäftigte sich unter anderem mit den Fragen, was bedeutet der Erhalt für die bestehende Struktur, wie ist der Zustand des Gebäudes, welche Kosten entstehen?
Die dritte Gruppe beschäftigte sich mit der Fragestellung „Luxusquartier contra Kiez“ und erörterte für beide Formen der Umsetzung Vor- und Nachteile. Zusammenfassend stellte Constanze Messal heraus: „In dem gemeinsamen Abschlussgespräch wurde deutlich formuliert, dass noch sehr viele Fragen offenbleiben. Unsere Diskussion in der Gruppe 3 hätte eigentlich die Gruppe 1 sein müssen, denn unsere Fragen müssen zuerst gestellt und beantwortet werden.“ Dennoch war der allgemeine Tenor: „Nachhaltiges Bauen und Quartiersentwicklung bedeuten zukunftsfähiges Bauen.“ Und ihren Dank an das Publikum formulierte Constanze Messal: „Danke fürs Zuhören, nicht uns, sondern dem Nachwuchs.“
Die Aufregung ist insbesondere am zweiten Tag der Hanseatischen Sanierungstage spürbar und liegt in der Luft. Das ist auch kein Wunder, denn es geht um die Vergabe des Nachwuchs-Innovationspreises Bauwerkserhaltung. Die Moderation hatte in diesem Jahr erstmals Vorstandsmitglied Maral Scheel übernommen. Keine Frage, dass diese Premiere mit Anspannung verbunden war, dennoch wurde es von ihr bestens gelöst – mit Charme und Humor. “Es ist mir eine Ehre, diesen Veranstaltungspart als ehemalige Preisträgerin übernehmen zu dürfen. Verliehen wird der Preis zum 34. Mal in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Verlag. „Es ist ermutigend, welch innovativen Köpfe Lösungen entwickeln, die ökologisch und ökonomisch vorbildlich sind. Eindrucksvoll sind diese Ideen, doch wir würdigen heute nicht nur junge Talente, sondern wir erweisen damit auch unserem kulturellen Erbe Referenz. Der Gedanke der Nachhaltigkeit ist eine grundlegende Verpflichtung und nicht nur ein Trend.“ Und abschließend lobte sie: „Wir erleben hier eine Generation, die proaktiv handelt für die Lösung der Probleme von morgen.“
Diesen Aussagen schloss sich Theresa Keilhacker, Präsidentin der Architektenkammer Berlin, an. „Wir unterstützen die Nachhaltigkeitsziele und widmen uns diesen Themen mit der Baukammer Berlin. Unser Fokus muss auf der Bestandsarchitektur liegen.“ In ihren weiteren Ausführungen lobte die Präsidentin die hohe Qualität der eingereichten Arbeiten. „Dies sind Arbeiten von höchstem Niveau, wir konnten uns fast gar nicht entscheiden, was das Beste war.“ Grundsätzlich stellte sie heraus, dass sie beispielsweise überaus interessiert über die zerstörungsarmen Anwendungsmöglichkeiten in der Restaurierungspraxis gelesen habe. Die Technik, Insektenbefall festzustellen, biete einen Weg in die Zukunft und zeige schonende Maßnahmen auf. „Ihre Beiträge machen Mut.“ Abschließend wies sie auf den Leitfaden zum zirkulären Bauen hin, der auf der Website der Architektenkammer nachzulesen sei. „Wir müssen Innovationen fördern, damit wir weniger abreissen.“ Dazu solle eine „Anti-Abriss-Allianz“ gegründet werden. „Wir müssen die Dinge in Lebenszyklen denken. Wir müssen beim zirkulären Bauen vom Ende beginnend denken, in einer anderen Reihenfolge als das, was wir im Studium lernen.“
Unter großem Applaus wurde die Preise dann überreicht. Der erste Preis ging an Lisa Anna Limmer für ihre Master-Thesis „Untersuchungen zu Anwendungsmöglichkeiten des IADS in der Restaurierungspraxis“. Urkunden erhielten auch die Betreuer Prof. Dr. rer. nat. Dipl.-Phys. Constanze Messal und Dipl.-Ing. Stephan Biebl. Platz 2 verbuchte für sich Jendrik Heithorn mit seiner Masterthesis „Entwurf eines rückbaubaren Balkonanschlusses“. Betreut wurde er von Prof. Dr. Ing. Mähner. Die Masterthesis der dritten Preisträgerin M. Eng. Maria Henze cand. lautete „Historische Bauforschung und Sanierungsempfehlungen für die ehemalige Poststelle im Park Sanssouci in Potsdam“. Begleitet wurde sie von Prof. Dr.-Ing. Jörg Röder sowie M. Eng. Daniel Ulrich cand.. Einen Sonderpreis erhielt Rebekka Wandt für ihre Diplomarbeit „Walk the Line – Kooperative Kleinstädte entlang der Grenze“. Einen weiteren Sonderpreis erhielt Cedric Conrad für seine Bachelorarbeit „Vergleich der Ressourceneffizienz energetischer Sanierungsszenarien über den Gebäudezyklus“.
Die Abendveranstaltung war wieder einmal ein voller Erfolg. Zum Einklang gab es einen Sektempfang für die Referenten, denen vorab im kleinen Kreis damit gedankt wurde. Die obere Etage in der MuK war festlich gedeckt, das Licht gedimmt, das Büffet überragend und die Stimmung bestens. Musikalisch sorgte die Band der Hochschule Lübeck „Salted peanuts“ für eine super Stimmung. Bis in den späten Abend hinein hatten hier Aussteller, Teilnehmer und der Vorstand Gelegenheit, sich in lockerer Runde auszutauschen.
Da er leider an diesem Abend nicht mehr dabei sein konnte und die feierliche Übergabe in der MuK verpasste, übernahm Vorstandsmitglied Thomas Platts stellvertretend die Vorstellung des diesjährigen „Laternenträgers“. In seiner Ansprache betonte er humorvoll, dass Jan Bredemeyer eigentlich sehr ehrgeizig sei, ein ambitionierter Sportler und leidenschaftlicher Ruderer. Die Vorstellung, einen Preis, nein, eher eine begehrte Trophäe für den letzten Platz zu erhalten, passte nicht ins Bild des Architekten von einer „Gewinnermentalität“. Eine Auszeichnung für denjenigen, der zuletzt das Ziel erreicht? Verkehrte Welt? „Keine Frage, dass es einem ambitionierten Sportler natürlich schwerfällt, sich vorzustellen, dass man hier zum Ehrenpreis, also zur Roten Laterne, zuletzt seinen Beitrag abliefern muss,“ erläuterte Thomas Platts schmunzelnd. Und weiter führte er aus:
„Aber der illustre Kreis der bisherigen Preisträger war doch so anspornend, dass er einfach den Zug „aus den Riemen“ nehmen musste, um als Nachzügler über die Ziellinie zu schippern.“
Hintergrund:
Jan Bredemeyer hat eine Ausbildung zum Tischler abgeschlossen und von 1994 bis 2002 ein Studium der Architektur an der TU Berlin absolviert. Seit 2003 war er Mitarbeiter, seit 2018 ist er Partner im Büro „Ingenieure für das Bauwesen Prof. Vogdt & Oster, Partnergesellschaft“ in Berlin. In der Zeit von 2008 bis 2013 engagierte er sich als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Bauphysik und Baukonstruktionen an der TU Berlin. Darüber hinaus agiert der Fachreferent und Fachautor unter anderem als Mitarbeiter in den DIN-Arbeitsausschüssen DIN 4095, DIN 18533, DIN 18534 (Obmann) und ist Lehrbeauftragter an der TU Berlin und der HTW Berlin.